Seit drei Monaten leben, wohnen, arbeiten, schlafen und essen wir auf vier Rädern. Ein ganz normaler Alltag eben – oder? In unserer neuen Rubrik „Van interessiert’s?“ beantworten wir die meistgestellten Fragen zu unserem Leben im Bus. Geht los mit: den Stellplätzen.
„Home is where our camper is“
So wildromantisch und freiheitsliebend das klingt, so verantwortungsvoll finden wir das auch. Wir wählen unsere Stellplätze nicht danach aus, ein möglichst hippes #vanlife-Insta-Foto abliefern zu können, sondern möglichst unauffällig und akzeptabel in dieser – vielerorts – „Grauzone“ unterwegs zu sein. Es ist uns wirklich wichtig, keine Spuren zu hinterlassen – und wir nehmen Verbote (meistens ;-)) auch ernst.
Aber wie sieht das bei uns in der gelebten Praxis aus?
- Ausgangspunkte für Bergtouren sind fast immer unsere erste Standplatz-Wahl – sie sind naturgemäß dort, wo sich unsere Freizeit abspielt, liegen häufig versteckt, parken ist fast immer erlaubt, manchmal gibt’s auch sanitäre Einrichtungen – und hier hängen wir nach einer Tour oft noch einen Arbeitstag an.
Bike statt Bus
- Wenn das Stehenbleiben über Nacht dezidiert nicht erlaubt ist (wir aber länger bleiben möchten), suchen wir uns meist einen etwas entfernteren Parkplatz – und fahren mit unseren Mountainbikes zum jeweiligen Ausgangspunkt. So zum Beispiel zuletzt im Hochschwabgebiet, wo beim „Bodenbauer“ unzählbar viele Schilder weniger dezent darauf hinweisen, dass Camping verboten ist. Etwa zwei Kilometer talauswärts fanden wir außerhalb des Wasserschutzgebietes Parkplätze ohne Verbotstafeln und radelten dann eben zurück. Das Bike ist in vierlei Hinsicht eine gute Alternative – wie am Weg zur „Cassin“ am Pizzo Badile. Dort hätten wir die Kurven und Gassen zum Parkplatz mit unserem Sechs-Meter-Gefährt nicht gekratzt (oder zu sehr gekratzt ;-)). Da blieben wir einfach an einem kleinen Parkplatz etwas unterhalb in Bondo stehen und radelten los.
Wer fraget, der findet
- Was uns auch immer wieder ans Ziel führt: einfach fragen! Grundstückseigentümer, Gastronomen oder Hoteliers lassen meistens gut und gerne mit sich reden – vor allem, wenn man höflich ist und/oder bei ihnen einkehrt. Und schnell hat man seinen Platz gefunden – wie am Fuße der Dachstein-Südwand, wo offiziell auch Camping verboten ist.
Dort klopften wir beim Walcher Hans persönlich an, ob wir auf seinem Parkplatz stehen bleiben dürfen – und schon hatten wir ein nettes Gespräch mit einem Kletter-Urgestein und einen Logenplatz zur Dachstein-Südwand gewonnen. Danke dafür!
Paragraph: Wiederherstellung der Fahrtüchtigkeit
- Die Gesetzeslage in Europa zu überblicken, ist schwierig und regional sehr unterschiedlich, alleine schon in Österreich*. In unserer Heimat und in Deutschland gilt auch Folgendes: Das Ausruhen im Fahrzeug ist erlaubt, wenn es der Wiederherstellung der Fahrtüchtigkeit dient. Und dass wir nach einer langen Tour oder dem Landebier nicht mehr fahrtüchtig sind… das kann ja schon mal vorkommen 😉 Was genau unter diese Bestimmung fällt und was schon als Camping gilt, das liegt in den Augen der Exekutive. Im Grunde muss man „fahrbereit“ sein – wir packen deshalb nur selten unseren Campingtisch, die Stühle und Wäscheleine aus und verhalten uns ruhig. Mehr als zwei, drei Tage bleiben wir ja selten an einem Ort.
- Zwischendurch stehen wir bei Freunden oder Bekannten in der Einfahrt – glücklicherweise haben wir in ganz coolen Gegenden ganz coole Bekanntschaften. So wurde zwischenzeitlich zum Auskurieren nach Marlies’ Unfall am Dachstein in Schladming sogar der Golfplatz zum Zuhause – danke Franz und Adee. Das Angebot einer Dusche nehmen wir dann auch meistens gerne an. Erst ein Mal blieben wir bisher an einem Campingplatz – im Val di Mello hat sich das förmlich angeboten, weil das auch der beste Ausgangspunkt zum Klettern ist.
Friedhof und Fußballplatz
- Auf Durchreise halten wir für eine Nacht zum Schlafen manchmal vor den „Klassikern“ (wenn dort keine Verbotsschilder zu sehen sind): Sportanlangen, Fußballplätze, Badeseen, Pässe (dienen auch der Akklimatisierung), Friedhöfe (dort gibt’s auch immer Wasser ;-)), öffentliche Einrichtungen, Seilbahnen, Raststätten und so weiter.
- Manchmal helfen uns Apps oder Internetseiten weiter, einen passenden Stellplatz zu finden (zB park4night). Die Community ist riesig und man findet Tipps und Erfahrungswerte. Vor allem in Italien haben wir auch überraschend viele öffentliche Plätze gefunden, an denen eine super Infrastruktur vorhanden ist (Frischwasser, Entsorgung von Müll und Fäkalwasser). Und selbst in Österreich landen wir immer wieder „Überraschungstreffer“: Zuletzt in Liezen, wo direkt neben der Kletterhalle Stellplätze für Wohnmobile ausgewiesen sind. Als an diesem Regen-Kletter-Arbeits-Tag unsere solar-gefütterten Batterien nicht mehr genügend Strom für unsere hochtourenden Laptops lieferten, landeten wir den größten Coup: Gleich in der Nähe gibt’s beim Campinganbieter Gebetsroither Stellplätze mit Stromanschluss. Später erfuhren wir, dass den Kunden sogar ein eigenes Bad immer offen steht!
So weit, so gut!
Bisher hat die Stellplatz-Suche in den Alpenländern (Österreich, Deutschland, Italien, Schweiz und Frankreich) überraschend gut und einfach funktioniert. In drei Monaten Unterwegs-Sein wurden wir nur ein einziges Mal schief angesprochen – und das in der Heimat 😉 Von einem Bauern in einem Sportklettergebiet im Ennstal. Wir konnten ihn schnell beruhigen, weil wir nach dem Klettern ohnehin wieder weg sein wollten. „Aber dass das hier ja kein Campingplatz wird…“ Die Sorgen mancher Anrainer sind größer als unser Bus und die möchten wir natürlich auch ernst nehmen. Unser Eindruck eines Vierteljahrs auf vier Rädern: Mit Respekt, (Umwelt-)Bewusstsein und Hausverstand kommt man relativ weit!
In diesem Bericht erzählen wir von unseren ganz persönlichen Erfahrungswerten (ohne Gewähr für andere) – die klaren (bzw. oft unklaren ;-)) Regeln zum Camping wurden schon mehrfach recherchiert, und man findet einige Berichte im Netz. Wie hier zum Beispiel:
- Campen in Österreich
https://www.oesterreich.gv.at/themen/freizeit_und_strassenverkehr/campen.html - Campen in Europa
https://www.campingclub.at/freies_stehen_in_europa
Fragen?
Gibt’s was, das euch besonders interessieren würde? Schreibt uns eure Fragen einfach unten in die Kommentare.
Vielleicht ist es Stoff für den nächsten Beitrag…
Herzlichen Glückwunsch zu den bislang durchweg positiven Erfahrungen!
Vielleicht kommt es Euch etwas entgegen, dass Ihr überwiegend nicht in Tirol unterwegs seid. Seitdem ich einmal mit dem Titoler Campinggesetz (https://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=LrT&Gesetzesnummer=20000099) konfrontiert wurde, schläft bei mir immer die Sorge mit, dass etwas später die Rechnung für den Schlafplatz zuhause eintrudelt.
Wobei §3 Abs. 2 nach meinem Verständnis wohl vorschreibt, dass man aufgefordert werden muss, den Platz zu verlassen. Erst wenn man der Aufforderung nicht nachkommt, begeht man eine Verwaltungsübertretung, die mit bis zu 220€ bestraft wird. Inwieweit unser damaliger Bußgeldbescheid ohne dieser Aufforderung überhaupt gültig ist, weiß ich nicht – ich habe es damals nicht herausfinden wollen…
Gut, im Karwendel zu übernachten war nicht die beste Idee – hatte aber ein paar Gründe. Und es war halt früher, ich bin nun fast 30 Jahre am WE und im Urlaub mit Bus unterwegs, problemlos möglich.
Eine Aufforderung, den Platz zu verlassen, erhielten wir vor drei(?) auf einem Parkplatz eines großen Gletscherskigebiets. Dort stehen aber immer wieder Camper, und auch ein Spezl von mir übernachtet dort regelmäßig problemlos. Damals sagte man uns auf dem von uns dann angesteuerten Campingplatz, dass am Skigebiet regelmäßig kontrolliert wird. Schilder standen damals keine.
Alles eine Glückssache?
Tirol, speziell der Raum Innsbruck, hat natürlich einen unglaublichen Freizeitdruck: Innsbruck, das Inntal, der Großraum München. Wenn da alle Individualisten am Wochenende die schönen Fleckerl suchen, wirds schnell eng. Da sind Einschränkungen und Ärger bei den Anwohnern fast zwangsläufig.
Sicher, nach wie vor finden wir schöne Plätze und ruhige Nächte, und gerade jetzt, im späten Herbst und dann im Winter ist ja generell nicht so viel los – vielleicht habt Ihr auch mittlerweile einen gewissen „Promi-Bonus“? Was nun nicht als Missgunst verstanden werden soll 😉
Bei uns fährt das Tiroler Campinggesetz jedenfalls immer mit, und wir fühlen uns mittlerweile in Frankreich, S-Tirol und Italien am wohlsten. In Tirol muss man meiner Erfahrung nach etwas mehr aufpassen.
PS: Ja, Ich bin ein Piefke 😉 versteh mich aber als Bayer; mein Vater ist Tiroler und ich selbst hatte mal vor langer Zeit einen österreichischen Pass. Das sollte keine Kritik an den Tirolern sein, und ich versteh die oft geführten „Piefke – Ösi“ Streits nicht.
Grüße,
Chris
Danke für die Info zum tiroler Stand der Dinge. Wie du schreibst, finden wir es auch verständlich (oder zumindest nachvollziehbar), dass es z.B. in Innsbruck schwierig würde, wenn sich jeder sein schönes Fleckerl nach Belieben sucht.
Was uns wohl am meisten zu Gute kommt, ist, dass wir fast nie zu „Haupt-Reisezeiten“ an solchen Hotspots unterwegs sind. Nach Arco kommen wir zum Beispiel (zufällig) immer irgendwann außerhalb der Saison und haben dort bisher noch keine Probleme gehabt. An einem verlängerten Wochenende im Frühling kann das sicher anders sein.
Irgendwie geht’s halt um die eigene Einschätzung, wie man sich verhält und letztendlich auch ein wenig um Glück.
Promi-Bonus eher nicht, denn wir bezweiflen, dass es einen Polizisten, aufgebrachten Bauern oder selbsternannten Anwohner-Hilfssheriff juckt, dass wir hochzwei am Bus stehen haben 🙂
Ein Campingwagen hat viele Vorteile (Comfort), aber auch Nachteile. Ich selbst habe einen kleinen Citroen C4 Grand Picasso (7 Sitzer) umgebaut. Man kann hinten zu zweit bequem liegen und wurscht wo man steht ,(auch in der Stsdt, wenn man zuviel getrunken hat), das Auto wird nicht als Camper etkannt. Deshalb spare ich auch auf einen Bus, aber alles darüber ist mir zu plakativ. Ein weiterer Punkt ist mir auch die Mobilität. Wie habt ihr euch bei den kleinen Zufahrtsstrassen in Finale mit dem Camper getan, wahrscheinlich oft die Bikes benutzt?
Ja, da geben wir dir voll recht. Ein Citroen C4, Ford Galaxy, VW Sharan oder was auch immer. Damit geht man Übernachtungsproblemen wahrscheinlich schon im Ansatz aus dem Weg, weil man gar nicht als „Camper“ auffällt. Sollten wir wieder mal ein „normales“ Fahrzeug brauchen, mit dem man auch mal die ein oder andere Urlaubswoche verbringen kann, dann wären wir vielleicht eh auch wieder bei Caddy & Co.
Was die Mobilität angeht, sind wir von/mit unserem 6m Ducato zum Glück positiv überrascht. Klaro, die ganz Mini-Gassen gehen halt nicht (so wie z.B. in Bondo am Fuße des Piz Badile. Da haben wir halt einen Parkplatz 500m weiter unten parken müssen, was aber nicht schlimm war). Im Großen und Ganzen kommen sind wir aber überall hingekommen, wo wir wollten. Irgendwie scheinen doch viele Straßen auf „Lieferwagen-Größe“ ausgelegt zu sein.
Die Bikes nutzen wir gerne für Zustiege, wenn man am Ende der Straße noch irgendwelche Wege weiterfahren kann, anstatt zu Fuß zu gehen (so sind wir in Bondo noch die Forststraße rauf bis zum Ende… da waren wir im Abstieg froh).
Ihr könntet auch Mal einen Beitrag Schreiben/Filmen wie ihr ein besonderes Frühstück zubereitet oder nach dem Berg kocht , wenn euch langweilig ist .
Tipp aufgenommen 😉 Danke!