Ab Sonntag sollte für uns die Sonne scheinen. Let‘s go! Um zwei Uhr früh starten wir endlich unseren langersehnten Gipfelversuch am Gasherbrum II. Dass uns die ganze Zeit Schneefall begleitet, macht uns zwar stutzig… aber wird bestimmt bald aufhören. Inshallah.
Um 13 Uhr erreichen wir erledigt unser einsames Zelt. Der Weg über den Southern Gasherbrum Glacier war erneut ein harter Arbeitstag. Elf Stunden lang, alte Spaltenbrücken waren gebrochen, die bisherige Spur vom Neuschnee verwischt, ein neuer Weg musste stellenweise gefunden werden… und es schneit noch immer.
Achtung, Lawinengefahr!
Immer wieder rauschen kleinere und größere Lawinen vom GII. Diesmal scheint dieser Koloss brandgefährlich. Bis wir einen Fuß in seine steilen Flanken setzen, wollen wir ihm mindestens zwei Tage mit Sonnenschein geben zur Entspannung. Die wären prognostiziert gewesen. Aber das jetzt?
Ein harter Schlag
Ein Wetterupdate flattert aufs Satellitentelefon – und mit einem Schlag stürzt die Motivation unter den Meeresspiegel ab. Der Jetstream fegt noch länger übers Karakorum, morgen Montag ist auch noch Schneefall möglich, und der beste Gipfeltag wäre nun nicht mehr der 1., sondern der 4. August. Am 4. August müssen wir aber bereits am Weg durch das Hushe-Tal sein. Am 5. geht unser Flug von Skardu nach Islamabad, am 8. früh morgens weiter in die Heimat. Das kann sich jetzt alles nicht mehr ausgehen.
Geduldsspiel
Oder? Einen Tag können wir im äußersten Fall noch warten… Aber am Montag schneit es nun fast den ganzen Tag. Wir sind sprachlos, enttäuscht und ratlos. Wieso wird unsere Geduld bloß nicht belohnt?
Aus der Traum vom 8000er. Oder sollen wir unsere Flüge verschieben? Eher ausgeschlossen, zuhause wartet zu viel Arbeit. Und ehrlich gesagt: Wir haben genug von der Warterei. Von sechs Wochen im Basislager hatten wir mehr als vier mit schlechtem Wetter. Zeit hätten wir uns im Grunde genug gegeben gehabt. Verschiebt sich das prognostizierte Wetterfenster weiter kontinuierlich jeden Tag um weitere Tage, sitzen wir im September noch immer hier.
Letzte Chance: vorbei
Wenn wir alles zusammenzählen, dann ist die Sache klar: Es schneit den siebten Tag in Folge, überall Lawinen, Jetstream und kein stabiles Hoch in Sicht. Unsere letzte Chance ist vorbei. Wir können nicht mal mehr unser Zelt und Material im Lager 3 auf knapp 7000 Meter erreichen – selbst dafür ist uns das Risiko zu groß. Zeug am Berg zurücklassen zu müssen, ist noch ein Punkt, der uns gar nicht gefällt.
Das wär‘s gewesen!
Während der Schnee pausenlos auf unser Zelt prasselt, gehen wir unsere Situation wieder und wieder durch. Wir wollen es nicht wahrhaben, dass uns das Wetter keine Chance lässt. Der GII hätte uns heuer richtig Spaß gemacht – wenige Leute, keine Fixseile, ein Achttausender-Abenteuer annähernd im Alpinstil. Ja, das wär‘s gewesen!
Aber wieder und wieder kommen wir zum gleichen Ergebnis: Es ist zu gefährlich und Warten auf besseres Wetter zu unsicher. Schweren Herzens fällt unsere Entscheidung: Wir steigen morgen ins Basecamp ab. Aus. Vorbei.
Good bye, GII!
Dann kommt doch kurz die Sonne zum Vorschein, und wir stehen vor dem GII in seiner vollen Pracht – ganz so, als wolle er sich noch von uns verabschieden. Und wir uns von ihm. Bald schneit es wieder und wir schlafen ein. In der Nacht reißt uns das Geräusch einer großen Lawine vom GII aus dem Schlaf. Als unser Wecker um zwei Uhr klingelt, ist es draußen sternenklar und alles vom Vollmond erhellt. Hach. So hätte es schon am Sonntag sein sollen!
Dieser Abschied fällt schwer
Es macht unseren Aufbruch um drei Uhr nicht leichter – im Gegensatz. Sollen wir vielleicht doch noch einen Tag hier warten? Ach, aber ein Tag reicht ja nicht… Das und vieles mehr geht uns die nächsten Stunden durch den Kopf, während wir wortlos, nur durch ein Seil verbunden, den Gletscher nach unten steigen.
Wir werden wach gerissen, als wenige hundert Meter vor uns eine Lawine vom Gasherbrum VI donnert. Schlechter Film, oder? Genau die gleiche Lawine, die uns beim letzten Aufstieg gestreift hat? Jetzt wieder knapp vorbei? Gegen Ende des fünf-stündigen Abstiegs haben sich unsere Zweifel größtenteils gelegt, und wir können unsere Entscheidung besser akzeptieren.
Ein Glücksspiel, wir verloren
Ja, enttäuscht sind wir. Vor allem,dass wir die Chance nicht bekommen haben, auf die wir so geduldig gewartet haben. Auch über die Erkenntnis, dass Höhenbergsteigen zu einem großen Teil ein Glücksspiel ist. Und hoch pokern wollten wir auf unserer ersten 8000er-Expedition nicht, das war uns zu gefährlich.
Unser Fazit folgt
Wir hoffen, unsere Gedanken beim Rückmarsch durchs Hushe-Valley ordnen zu können, denn all der Enttäuschung stehen natürlich auch viele positive Eindrücke gegenüber.
Dann haben wir auch wieder besseres Internet und können unsere Videobotschaft hochladen, die wir für euch im Camp 1 aufgenommen haben.
Ein riesiges Dankeschön an alle, die uns in Gedanken auf diesem Trip nach Pakistan begleitet haben!
Unsere ganz persönlichen und ungeschminkten Tops und Flops dieser Expedition erzählen wir euch natürlich auch noch in den nächsten Tagen. 🙂
Mehr über unser Abenteuer in Pakistan: www.hochzwei.media/expedition-pakistan
Es tut mir soooo Leid für Euch Beide . . . . sende Euch einen big hug . . . Hauptsache Ihr kommt gesund zurück.
dankeeeeschön, hug zurück 🙂 wollte halt nicht sein. sind xund zurück, also mission erfüllt 😉
Haben mit euch mitgefiebert und verstehen eure Enttäuschung 🙁 Aber mit all den Lawinen und dem schlechten Wetter … sind wir nur froh, wenn ihr wieder gesund daheim seid!
Ohh danke, das freut uns! Ja, war die einzige richtige Entscheidung… und zuhause haben wir auch wunderbare Berge, auf die wir uns jetzt riiiichtig freuen 🙂
Die erste Enttäuschung ist sicher groß, bald werdet ihr erkennen, dass es dieses mal noch nicht sein sollte, ihr aber trotzdem riesiges Glück auf eurer Seite hattet… ihr kommt gesund zurück, bereit für Neues!!
Liebe Monika, danke für deine Zeilen; jep, genau so ist es! Und das Glück herausfordern ist nicht unser Zugang… Wundersame Weise spürt es sich allmählich so an, als würde die Motivation für Größeres vielleicht doch nochmal aufflammen… Im Basislager waren wir noch ganz anderer Meinung, da hatten wir die Warterei zwischendurch richtig satt 😉
Hmmmm… Nach unserem 7.000er >Versuch< letztes Jahr war ich anfänglich auch sehr enttäuscht bzw. ein kleiner Wehmutstropfen begleitet mich noch immer. Eure Expedition war nochmals um einiges aufwändiger, mit Sicherheit auch fordernder und heikler. Ich kann eure Enttäuschung wahrlich nachfühlen. Doch ich versichere euch, wenn ihr eure Gedanken gesammelt und sortiert habt, alles nochmal Revue passieren lassen habt, dann werdet ihr IMMER auf das selbe Endergebnis kommen: ES WAR DIE RICHTIGE ENTSCHEIDUNG!" Liebe Grüße Lisa & Richard
Hey ihr zwei,
danke für eure Nachricht! Oh ja, die Gedanken hatten wir oft durchgespielt – und am nächsten Tag kam erst recht die Bestätigung: Es hat wieder geschneit, obwohl Sonne prognostiziert war. Also war es nur richtig – abgesehen davon, dass umdrehen ohnehin NIE falsch sein kann. Als wir dann beim Rausgehen noch David&Herve trafen, die zwei Tage nach uns ebenso im Lager1 unverrichteter Dinge umgekehrt waren, haben wir uns kurz gefragt, warum wir uns diese ja doch offensichtliche einzige richtige Entscheidung so schwer gemacht haben 😉 Aber wenn so viel Zeit, Muße, Liebe, Hingabe drinsteckt, dann möchte man halt nix unversucht lassen.
Hoffe, ihr habt euren Sommer in vollen Zügen genossen! Bis bald mal in den Bergen 🙂
Liebe Grüße!
1. Gesund heimkommen.
2. Als Freunde heimkommen.
3. Gipfel.
In der Reihenfolge! Also Kopf hoch!
🙂
Absolut richtig!
4. Neue Motivation schöpfen 🙂
Kommt gut heim!
Ihr habt ja trotzdem einen tollen Ein- (Ab) druck hinterlassen.
Wir von COLOP werden Euch sicherlich wieder unterstützen.
Freuen uns schon auf Eure Erzählungen bei uns in der Firma.
lg Franz ..und erholt Euch gut
Hallo Franz,
DANKE an euch alle! Für’s gedanklich Mitkommen, für’s Unter-Die-Arme-Greifen, für’s an uns glauben, für eure super Unterstützung! Würd uns riesig freuen, noch einmal einem Berg den Stempel aufdrücken zu dürfen 🙂
Wir freuen uns auf ein Wiedersehen!
Kann dem David nur zustimmen. Heimkommen ist und war die Priorität!
Ihr habt das so toll gemacht, habt beeindruckende Geschichten für Bergsteiger und auch Nicht-Bergsteiger erzählt. Jeder hätte es euch gewünscht und jeder hat mitgefiebert und sich Sorgen gemacht. Das ist große Erzählkunst! Bei so viel Social Media Abfall, sind eure Geschichten eine wahre Wohltat! Sympatisch, spannend und voller Herz!
Des Leben is ka Ponyhof, meistens lauft’s halt net so wie es geplant ist, aber wenn man sich auch aus widrigen Umständen oder vermeintlichen Niederlagen, die positiven Eindrücke mitnehmen kann, dann hat man eigentlich schon wieder gewonnen! Und ihr könnt das!
Das Leben ist eine wundervolle Reise. Manchmal führt sie halt nicht über den Gipfel, aber wenn man Geist und Herz offen hält, kommt man immer am Ziel an. 🙂
Freu mich auf euch!
DANKE, Dani, du machst uns sprachlos! 🙂
Der Kummer ist schon verflogen und neue Motivation überraschenderweise wieder da. 😉 Höchste Zeit für ein Wiedersehen! Freuen uns!