Gigantisches Gesäuse – die Gesäuse-Überschreitung
Gratwanderung: Die Große Gesäuse-Überschreitung ist genau das Richtige, um nach der 4000er-Tournee auf 2000 Metern im Staunen zu bleiben.

Nach zwei Wochen in den Westalpen, wo unser Fokus auf vier Gipfeln über der Viertausender-Marke gelegen war (www.hochzwei.media/bildgeschichten/grande-finale) und ein mediales Echo folgte, ist es wieder richtig schön daheim zu sein. Ein Familientag mit Nichten und Neffen im Hochseilgarten und eine kleine „82er-Feier“ – danach hatte uns auch das Büro nach den Bergen wieder. Eines schönen Dienstages wollte ich (Marlies) aber nichts lieber als die Heimatberge wiedersehen. Zum Glück muss die liebe Betti nie lange überlegen, wenn ich ihr einen Ausflug vorschlage. Wie wär’s denn mit der…
Gesäuse-Überschreitung!?
Schon x-mal ging es kletternd über die wilden Xeis-Wände vom Norden oder Süden auf die einzelnen Gipfel der Hochtorgruppe. Aber oben drüber vom Ödstein bis zur Planspitze? Sieht doch gewaltig aus! Vielleicht ja mal im Winter?

Aussichtsreich.
Auf zum ersten Schritt im Sommer. Heute geht’s nicht um die großen Kletterschwierigkeiten, heute geht’s um einen wundervoll alpinen Tag, an dem wir zwei Mädels auch noch genügend Hirnkapazität und Luft zum Tratschen haben. 😉
Ein langer Tag
Was wir wissen: Es wird ein ausgefüllter Tag. Eine GPS-Uhr zum „Mit-Tracken“ habe ich nicht am Handgelenk, aber die Beschreibungen schwanken zwischen 2100 Höhenmeter Aufstieg (Xeis-Auslese) bis hin zu 2465 Höhenmeter (bergesteigen.com). Wir rechnen mit gemütlichen zwölf Stunden von Auto bis Hütte bis Auto – da sind wir dann auch gut dabei.

Auf dem Kirchengrat mit Blick bis zum Bergsteigerfriedhof
Fluch und Segen
Wir nehmen ab Johnsbach den Kirchengrat unter unsere Sohlen. Über die alternative „Blaue Markierung“ hab‘ ich im Abstieg nach ödsteinigen Klettertouren (Flora und Ödsteinkante) schon mehrmals geflucht – sie wäre zwar kürzer, ist aber unangenehm zum Klettern. Apropos: Weil man im oberen Teil auf die Johnsbacher Kirche blickt (die nach 1400 Höhenmetern aber nur noch ein kleines Punkterl in der grünen Wiese nah am Waldesrand und Bergsteigerfriedhof ist) heißt der Grat Kirchengrat. Wir machen noch eine kleine Verlängerung auf den Kleinen Ödstein. Weil’s doch so schön ist.

Drahtseilakt
Eine nette Kletterei und eine gemütliche Gipfelpause später packen wir kurz unseren 40-m-Strick aus dem Rucksack und seilen uns in die Scharte zwischen Großem Ödstein und Teufelsturm ab. Hier hängt auch ein Fixseil, aber unsere grüne Mamba erscheint uns noch vertrauenswürdiger – und wenn wir schon ein Stück Sicherheitsreserve dabei haben, dann nehmen wir es auch.

Vom Ödstein zum Teufelsturm.
Zwei beherzte Kletterzüge am Felsen und eine akrobatische Turneinlage beim 8-Meter-Fix-Stahlseil später stehen wir auf dem Teufelsturm (auch Abseilturm genannt). Die schwierigsten Kletterstellen sind hier laut Topo geschafft – darum wissen wir noch nicht, dass die für uns unangenehmste Stelle erst noch kommen wird…
Notiz am Rande: Der Abseilturm müsste in diese Richtung (von Westen nach Osten) nicht Abseilturm heißen, man kann im zweiten Grad ganz gut hinunter klettern.

Hochtorgruppe
Immer wieder bleiben wir kurz stehen und staunen über diese felsige Landschaft. Erinnerungen an Menschen und Touren kommen hoch. Wenn die Gedanken abschweifen, kann es gut passieren, dass man wieder die roten Punktmarkierungen aus den Augen verliert. Wir queren auf der Südseite der Ödsteinkarwand über Schuttfelder und Rinnen, sind einmal kurz zu hoch geraten, folgen aber wieder unserem alpinen Spürsinn nach der logischsten Linie und landen bald wieder auf dem Originalweg.

Schon bald erreichen wir den nächsten Gipfel: den Festkogel (2269 m), den wir im Februar mit Skiern besucht haben und im Juni zum Klettern. Der Blick zum Ödstein fasziniert immer wieder auf’s Neue – und rückblickend betrachtet bleibt es ein Rätsel, wie man so einfach über so abweisendes Gelände gelangt.

Auf dem Festkogel.
Hochtor, der Höhepunkt
Der Nächste wird der Höchste sein – aber dazu verlieren wir erst wieder einige Höhenmeter, um sie dann wieder aufzusteigen. Grübelmodus aus, Gehmodus an.

Hochtor
Nach dem Hochtor geht’s über den Dachlgrat in Richtung Peternscharte. Wir dürften mal wieder zu vertieft im Quatsch-Modus gewesen sein, als wir im Abstieg vom Hochtor die schwach ausgeprägte Punktmarkierung aus den Augen verlieren. Wir finden uns in ziemlich unangenehm brüchig-abschüssigem Gelände der Ostwand wieder und tasten uns vorsichtig abwärts, um wieder auf die (ausgeputztere) Spur zu kommen. Gefühlt unsere Schlüsselstelle. Ab dem Dachl ist’s wieder Genuss pur – inklusive Gänsehaut, als wir in die tiefen Wände blicken.

Dachl-Vorsprung.
Der Letzte geht auch noch
Die Planspitze (2117 m) schließt die Große Gesäuse-Überschreitung ab – wir werden nach obenhin immer schneller, weil wir schon langsam ein Ende herbei sehnen. Noch ein fünftes Selfie mit Gipfelkreuz. Zurück gehen wir über die Hesshütte nach Johnsbach – und gelangen nach einem nicht mehr ganz so lustigen Straßenhatscher direkt zurück zum Auto.

Der letzte Akt: die Planspitze.
Ein Happy Day mit vielen Gipfelhopsern! Zuhause hab ich Andi den Grat als Winterprojekt schmackhaft gemacht… 🙂

CREATED BY
Marlies Czerny
Credits:
www.hochzwei.media/Marlies Czerny

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