Schlern, di hamma gern!

Endlich wieder Dolomiten: Wer über die Burgstallkante auf den Schlern klettert, steigt direkt von der Wand auf die Wiese. Welch glücklicher Zufall, dass wir unsere Gleitschirme dabei haben. 🙂

Hehe. Jetzt aber. Dolomiten! Man hätte uns kein größeres Geschenk machen können, als dieses kleine stabile Sonnenfenster im Süden. Und die Freiheit, dorthin reisen zu dürfen! Vom Wilden Kaiser rollen wir über den Brenner einem kleinen Hoch entgegen, vier Tage soll’s im Süden Tirols stabil sein, und gegen meinen wirklich umwerfenden Tourenvorschlag hat auch Andi keine Einwände. Nein, er hat nur einen Einwurf: „Am Schlern könnt‘ ma aber schon die SuSi mitnehmen“, sagt er. Die SuSi ist – wer’s nicht weiß – kein kleines Hündchen, sondern unser leichtes Stück Gleitschirmstoff. Es frischt in den nächsten Tagen Nordföhn auf, der soll sich anfangs aber noch zurück halten. Nun denn, so der Dolomasterplan:

1. Tag: Burgstallkante auf den Schlern, Einklettern in den Dolomiten. Und im Idealfall nicht wieder hinunter gehen!
2. Tag: Rosengarten-Spitze, Via Steger. Eine soooo eindrückliche Linie in einer so formschönen Wand!
3. Tag: Rasten… Räder beim Fedaiastausee deponieren… Gut kochen (= viel essen)… Früh schlafen gehen!
4. Tag: Marmolada-Südwand, Don Quixote. Ein lang ersehnter Traum. Ob wir uns denn für diese Wand bereit fühlen…?
5. Tag: Was interessiert uns heute schon der fünfte Tag. 😉

Nach zwei Stunden kommen wir schon am Fuße des Schlern-Massivs an – und der Mund steht uns im Angesicht dieses Bergmassivs weit offen. Wir checken den kleinen Landeplatz mit großem Windsack in St. Valentino, deponieren dort unsere Räder – und rollen mit dem Bus nach Bad Ratzes, wo wir morgen unsere Tour starten.

Ein Paradies aus sanften Almwiesen und steilen Felswänden: Das Schlern-Massiv und die Seiser-Alm
Märchenhaft

Die Wanderung zur Schlernbödelehütte ist so idyllisch, dass alleine sie schon wie im Flug vergeht. Wälder, durch die das Licht des Morgens fällt, ins Holz geschnitzte Kunstwerke versteckt am Wegesrand. Und aus der Hütte grüßen super sympathische Wirtsleute, bei denen uns richtig schwer fällt, nicht einfach beim Duft vom Kaffee sitzen zu bleiben. Aber wir haben doch einen Plan…. und finden einen Haken an unserem strammen Programm – im Angesicht mit dem auffrischenden Nordwind im Tagesverlauf.
Wo alleine schon der Weg zum Ziel wird.

Cruise-Mode: on!

Schwupps, schon bei der Hütte, kurz Hallo gesagt, schon auch wieder vorbei. Die richtige Rinne im Zustieg erraten – und bald bäumen sich in der Schlucht die finsteren Felsen des Burgstalls (der als Monte Castello gleich sympathischer klingt) vor uns auf. 20 Seillängen besagt das Topo. Um schnell voranzukommen – und weil wir uns die Schwierigkeiten locker zutrauen – starten wir seilfrei. Ein gutes Gefühl, mit den Gedanken intensiv am Felsen zu kleben und völlig in die Konzentration versunken Meter um Meter zu machen.
Coole Kante! Und relativ kompakt.

Genau nach der Hälfte kommt das Seil an den Gurt. Mit einigen Expressschlingen, mobilen Sicherungsgeräten und vier Tiblocs als Zwischensicherung bewaffnet legt Andi mal los. Ob er mir von den restlichen zehn Längen überhaupt noch etwas übrig lassen wird…? 😉

Soooo nett diese Kletterei! Andi cruist Länge um Länge dahin, ich am laufenden Seil hinterher. Da bleibt nur zwischendurch Zeit, einen Seitenblick zu machen – und dieser Blick lohnt sich! Die Wolken zaubern eindrucksvolle Lichtspiele auf die Hochfläche der Seiser Alm.
Dem Blick zur Seite folgt ein Blick nach oben. Auf geht’s!

Oh yeah, ich krieg‘ auch noch was von der Tour im Vorstieg! Die Schlüsselseillänge und das Finale! „Fahrradklingl-Wandl“ heißt die Wandstelle – klingkling – und weiter geht’s.

Es läuft auch bei mir super dahin – und ehe ich nochmal Andi zum Zug kommen lasse, mach ich auch schon den letzten Zug – von der Wand auf die Wiese. Ups, da haben wir aus 20 Seillängen mal eben 2 gemacht. 😉
Diese Wiese!!!

Und was macht der Wind…?

Die Gedanken waren beim Klettern noch gar nicht beim Fliegen. Doch jetzt schweifen sie in die Luft. Was macht der Wind? Wir beobachten. Noch im Rahmen des Fliegbaren! Es ist noch nicht einmal Mittag. Während wir das perfekte Fleckerl Wiese suchen, frischt er doch ein bisschen auf. 20 km/h? Das war die Prognose. „Ich schau mir’s mal an!“, sagt Andi, macht sich bereit, zieht den Schirm auf und fliegt raus.

Das schaut doch gut aus! Während ich ihm hinterher sehe, gehe ich noch einmal in mich. Auch fliegen? Oder zu Fuß absteigen?

Si, signore! Das passt auch für mich! Hinterher mit mir. Mir gelingt ein guter (Rückwärts-)Start und ich hab einen (vorerst) ruhigen Flug vor mir. Ich gleite an der sehr beeindruckenden Santnerspitze vorbei, werfe ein paar faszinierende Blicke zum Monte Castello und Monte Pez zurück. Und ich erörtere aus der Vogelperspektive unseren Landeplatz.

Punktlandung um kurz nach zwölf.

Punkt 12, die Sirenen heulen. Anstatt runter geht’s vorerst noch ordentlich rauf. 😉 Die Thermik kommt gerade bei meinem Landeanflug voll in Fahrt. Da meine Streckenflugambitionen eher gering ausfallen, hab‘ ich die Höhe lieber vernichtet als gewonnen, meine „Ohren“ sauber angelegt und neben Andi und dem flatternden Windsasck aufgesetzt. Mit einem breiten Grinsen – und leicht schmerzenden Händen, weil ich die äußeren A-Leinen so herziehen musste. 🙂
Vom Schirm zum Bike zum Haus auf Rädern.

Wir packen unsere Schirme und satteln gleich unsere Bikes. Ein paar Kilometer sind’s zurück zum Bus. Die Uhr sagt: kurz vor 13 Uhr. Sehr cool! Wir stellen einen Kaffee zu, kramen nach den Keksen – und haben noch genügend Kraft und Zeit für morgen, für den zweiten Streich. Wir lieben es, wenn ein Plan aufgeht 🙂

Einen Augenblick bitte…