allerdings einen – nein, mehrere – Haken.Nicht Jammern und Verzweifeln. Zupacken, feeest zupacken! Ich wollte es ja so
haben. Punkt. Einmal im Leben muss man (also muss ich) doch technisch klettern.
Davon war ich am Tag davor noch felsenfest überzeugt.Also hab ich Andi den „Windischgarstner Weg“ (VI-/A3) vorgeschlagen, er ist ihn
schon einmal geklettert. So geniale Bilder hab‘ ich aus dieser Route gesehen,
das ist ein richtig großes Abenteuer vor unserer Haustüre. Also auf zur
Techno-Party! Das wär doch was!
Bis zu dieser letzten verdammten Seillänge. „Die geht so gut wie frei“, ruft er
noch herunter. Aber als ich vom freien Klettern so weit weg bin wie der sichere
Boden unter meinen Füßen, geht’s mal kurz bis an den Rande der Verzweiflung. Das
soll frei kletterbar sein? Geht nie! Nicht für mich! Nicht mal mit der Leiter!
Die Sache hat einen Haken…
Zurück zum Ausgangspunkt: Über die Wurzeralm haben wir uns schon öfter den Weg
auf den Gipfel des beliebten Skitouren-Bergs gebahnt. Heute war mit unseren
Brettern am Wandfuß Schluss.
Rote Wand, 120 Meter, die zieeeemlich ausladend sind.
Es geht den direkten Weg hinauf, mitten durch die roten Überhänge, die aus der
Ferne kühn und imposant wirken. Sogar Basejumper haben sich hier schon fallen
gelassen. Von unten sieht der Plan nach einer Mission Impossible aus. Doch beim
technischen Klettern ist es ja so: Als Normalsterblicher schafft man es nicht an
den natürlichen Strukturen der Wand nach oben, weil es einfach so schwierig, so
glattpoliert, so steil, so überhängend oder so abdrängend ist. Also versucht man
mit den technischen Möglichkeiten auszukommen und sich mit Trittleitern und
Expressschlingen von Haken zu Haken zu arbeiten. Haken, die seit der
Erstbegehung (1973 durch W. Retschitzegger und A. Pable) hier drin stecken und
schon viele Stürme, Schneefälle und Sonnenstrahlen ertragen haben. Aber halten
sie auch uns noch aus?
Hält? Hält nicht? Hält doch!?
Einer dieser nostalgischen Ankerpunkte ist im ersten Quergang besonders
anhänglich. Er kommt mit der Schlinge wieder aus dem Felsen und will ein Stück
mit uns mitklettern. In diese Rostgurken also mit vollem Körpergewicht
hineinhängen?
Der Hausverstand fragt: ,Was soll das hier?‘
Der Körper macht: Trittleitern einhängen, höher steigen. Hööööher steigen,
weitergreifen. Und wieder: Einhängen, höher steigen, weitergreifen. Hööööher!
Aber wie weit die Haken doch auseinander liegen! Oder bin doch ich eine Nummer
zu klein geraten?
In einem halben Verzweiflungs- und Kraftakt gelingt die letzte Länge dann doch.
In der ich die meiste Energie dafür vergeudet hab, mich zu ärgern, weil ich ja
nun frei klettern müsste… Blöd²! Die Kopfsache hat auch schon einmal besser
geklappt.
Das wArscheneck.
Hätte ich mich lieber noch einmal in das prächtige Panorama verschaut: die roten
Wände über uns, die überhängende Quergänge neben uns und die weißen, wilden
Flanken des Warschenecks hinter uns.
Spurensuche
Immer wieder ein nostalgischer Augenblick, der Blick ins Wandbuch. Die Nr. 93
sind nun wir.
Tiefe Emotionen begleiten uns nach vier Stunden vom Ausstieg zum Gipfelkreuz.
Wir schauen der Sonne zu, wie sie schlafen geht, die Firnflanken in ein zartes
Rot taucht und uns mit einem demütigen Gefühl verabschiedet. Was für ein steiler
Tag!
Gipfelglück nach der Schwerstarbeit.